Der Blutegel wird seit ca. 3000 Jahren als Heilmittel eingesetzt. Die Inder und Chinesen wussten genau wie die Römer und Griechen um die heilende Wirkung des Blutgels. Sie waren schon immer ein Teil der Volksmedizin und selbst in der Armee zur Sepsisprophylaxe unverzichtbar.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren sie durch den übermäßigen Gebrauch sogar fast ausgestorben. Erst durch die Entwicklung der modernen Schulmedizin geriet die Blutegeltherapie immer mehr in Vergessenheit und die Blutegelpopulationen konnten sich erholen.
Der medizinische Blutegel heute gilt nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) als Arzneimittel.
Von den ca. 600 vorkommenden Arten werden etwa 15 medizinisch eingesetzt. Am häufigsten verwendet werden Hirudo medicinalis und Hirudo verbana.
Was aber macht den Blutegel als "Therapeuten" denn nun so wertvoll?
Nun, sowohl während des Zubeißens als auch während des Saugens und des Loslassens schüttet der Egel mit seinem Speichel wertvolle Sekrete aus. Heutzutage sind 8 davon namentlich bekannt und erforscht, wobei man von 30 - 100 Substanzen insgesamt ausgeht.
Die wichtigsten Sekrete sind:
Hirudin
Calin
Hyaluronidase
wirkt nur kurzzeitig, aber stark gerinnungshemmend, bewirkt dass das Blut während des Saugvorganges fließfähig bleibt
wirkt länger, aber ebenfalls gerinnungshemmend, bewirkt die gewünschte Nachblutung und damit die Reinigung der Wunde
sorgt dafür, dass die Zell- und Gefäßwände leichter von den Wirkstoffen durchdrungen werden können, zudem leicht antibiotische Wirkung
Des weiteren gibt es eine histaminähnliche Substanz, die die Blutgefäße erweitert, wodurch die Durchblutung angeregt wird. Ebenso gibt es entzündungshemmende Wirkstoffe (u.a. Egline, Kollagenase) die teilweise auch wachstumsfördernd auf Nervenzellen wirken.
Antworten auf einige allgemeine Fragen zum Thema finden Sie hier:
Ist der Biss des Blutegels schmerzhaft?
Menschliche Patienten beschreiben den Biss des Blutegels mit dem "Verbrennen" an einer Brennessel. Danach spürt man den Egel gar nicht mehr, da er in seinem Speichel auch Substanzen hat, die an der Bissstelle leicht betäubend wirken. Aus meinen bisherigen Therapien an Pferd und Hunden kann ich nur sagen, dass all meine tierischen Patienten die Blutegel sehr gut dulden und während der Therapie sogar entspannt dösen.
Wie lange dauert die Blutegeltherapie?
Der Saugvorgang selbst dauert zwischen 20 und 90 Minuten, das ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Mit Vor- und Nachbereitung werden für eine Blutegeltherapie ca. 2 Stunden Zeit eingeplant.
Wie viele Blutegel kommen zum Einsatz?
Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise der Größe des Tieres, der betroffenen Körperstelle oder der Größe des Egels. Im Regelfall werden 2-4 Egel pro Therapie angesetzt.
Was ist vor der Blutegeltherapie zu beachten?
Die Haut/das Fell des Patienten sollte sauber sein, jedoch ohne Seife oder Reinigungsmittel behandelt. Falls eine Reinigung der Ansatzstelle notwendig sein sollte, dann reicht klares Wasser.
Falls das Fell sehr dick ist, kann die Ansatzstelle etwas rasiert werden, das erleichtert den Egeln das Anbeißen.
Bekommt der Patient Schmerzmittel oder blutverdünnende Medikamente, sind diese nach Rücksprache mit dem Tierarzt 3 Tage vor der Blutegelbehandlung abzusetzen.
Wie oft muss die Blutegeltherapie wiederholt werden?
Auch das hängt von der Erkrankung des Patienten ab. Oftmals reicht eine einmalige Behandlung. Klingen die Beschwerden nicht vollständig ab, kann die Therapie wiederholt werden bis es zur vollständigen Ausheilung kommt. Bei chronischen Problemen wie beispielsweise Arthrose bietet es sich an, die Behandlung nach Abklingen der Beschwerdefreiheit (Wochen - Monate) regelmäßig zu wiederholen.
Wie lang blutet die Bissstelle nach?
Die Zeitspanne ist hier sehr unterschiedlich. Erfahrungsgemäß dauert die Nachblutung ca. 4 - 12 Stunden. Die Nachblutung ist nicht stark, aber doch permanent, so dass die Bissstelle von mir mit einem lockeren Verband abgedeckt wird. Zum Einen können sich so keine Infektionserreger in die Bissstelle setzen und zum Anderen wird die Umgebung des Tieres vor einer möglichen Verschmutzung mit Blut geschützt. Dieser Verband muss häufig vom Besitzer erneuert werden. Hierzu bekommen Sie eine ausführliche Anleitung von mir sowie das benötigte Material. Bitte achten Sie darauf, dass Ihr Tier nicht an der Bissstelle leckt oder knabbert.
Was ist nach der Nachblutung zu beachten?
Auf der Bissstelle bildet sich eine Kruste, die sich im Laufe der Zeit komplett zurückbildet. Manchmal wird eine leichter Juckreiz ausgelöst. Auf die entstandene Kruste müssen Sie nichts einreiben o.ä., sie verheilt von allein. Bitte achten Sie darauf, dass Ihr Tier nicht an der Kruste leckt oder knabbert.
Darf sich mein Tier nach der Behandlung bewegen?
Ausdrückliches Ja! Bewegung ist gut und fördert die Nachblutung, lenkt von der Wunde ab und hilft, die vom Egel abgegebenen Speichelinhaltsstoffe im umliegenden Gewebe zu verteilen. Hartes Training ist jedoch zu vermeiden, damit der Kreislauf nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen wird, vor allem im Sommer.
Ist die Wirkung des Blutegelbisses sofort sichtbar?
Ja. Vor allem bei chronischen Erkrankungen sammeln sich oft Schlackestoffe und Lymphstauungen, die durch den kleinen Aderlass sofort beseitigt werden. Dadurch tritt eine deutliche Linderung der Beschwerden ein. Dies allein ist jedoch nicht der eigentliche Heilungsprozess. Dieser dauert oft weitaus länger und vor allem bei Erkrankungen am Bewegungsapparat sollte der Patient nicht überfordert werden.
Gibt es eine Erstverschlimmerung?
Wie bei allen ganzheitlichen, naturheilkundlichen Therapie ist eine Erstverschlimmerung möglich, wobei ich sie bisher noch nicht beobachtet habe. Laut Literatur verschlimmern sich die Symptome in den ersten 24 Stunden und dauern nicht länger als 2 Tage. Anschließend klingen die Beschwerden rasch und endgültig ab. Eine Erstverschlimmerung wird als Zeichen des Körpers bewertet, dass er sich mit dem Problem auseinandersetzt.
Gibt es Nebenwirkungen?
Da der Egel Stoffe ins Blut abgibt, kann es zu Nebenwirkungen kommen, welche aber sehr selten beschrieben werden und meist auf Anwendungsfehler zurückzuführen sind. Es empfiehlt sich daher immer, die Blutegeltherapie nur von einem erfahrenen Therapeuten durchführen zu lassen.
Prinzipiell kann es zu allergischen Reaktionen mit leichter Schwellung und Juckreiz kommen. Eine juckreizlindernde Salbe schafft hier Abhilfe.
Des weiteren kann es zu einer Wundinfektion mit einem egelspezifischen Bakterium kommen, welche durch ein Antibiotikum behandelbar ist.
Wird die Kruste vorzeitig abgelöst, kann es zu einer sogenannten Sekundärinfektion kommen. Daher muss der Patientenbesitzer darauf achten, dass die Bissstelle nicht aufgekratzt oder aufgescheuert wird.
Bei folgenden Erkrankungen hat sich der Einsatz von Blutegeln bewährt:
Blutohr
Bandscheibenproblematiken
Entzündungen
Hüftgelenksdysplasie (HD)
Leckekzeme
Probleme im Lendenwirbel-Kreuzbein-Bereich (Cauda-equina-Kompressionssyndrom)
Nervenentzündungen
Arthrose, Arthritis
Ohrekzeme
schlechte Wundheilung
Narbenbildung nach OPs
Spondylose
Sehnen(scheiden)entzündung
Abszesse
Blutergüsse
Ödeme